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Immobilien und Scheidung: Was passiert mit dem gemeinsamen Eigentum?

Geschrieben von Wirz Tanner | 22. Oktober 2024 12:11:44 Z

Scheidungen sind oft komplexe und emotionale Angelegenheiten, besonders wenn gemeinsames Eigentum, wie eine Immobilie, involviert ist. In diesem Blogbeitrag beleuchtet die Jusonline AG, wie Immobilien im Falle einer Scheidung behandelt werden, welche rechtlichen Grundlagen dabei eine Rolle spielen und welche Optionen den Ehepartnern zur Verfügung stehen. Ob Verkauf, Übernahme durch einen Partner oder gemeinsamer Besitz – wir geben Ihnen einen klaren Überblick über die möglichen Lösungen und die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen.

Scheidungen sind oft ein heikles Thema, besonders wenn es um gemeinsame Immobilien geht. Um unseren Lesern einen Überblick zu geben, könnten Sie bitte erläutern, was grundsätzlich mit einer Immobilie im Falle einer Scheidung passiert?

Wie eine Immobilie im Fall einer Scheidung behandelt wird, hängt massgeblich davon ab, welcher Güterstand während der Ehe galt (vgl. sogleich). Eine allgemeingültige Antwort, was im Falle einer Scheidung mit der Immobilie passiert, ist daher nicht möglich. Grundsätzlich gibt es allerdings die folgenden drei Möglichkeiten:

  • Verkauf der Immobilie: Oftmals wird die Immobilie verkauft, und der Erlös wird entsprechend der güterrechtlichen Regelung zwischen den Ehepartnern geteilt.
  • Ablösung durch einen Ehepartner: Alternativ kann einer der Ehepartner die Immobilie übernehmen, indem er den anderen finanziell auszahlt. Dies erfordert in der Regel eine Einigung über den Verkehrswert der Immobilie.
  • Gemeinsames Eigentum beibehalten: In seltenen Fällen beschliessen die Ehepartner, die Immobilie weiterhin gemeinsam zu besitzen, beispielsweise damit ein Elternteil mit den Kindern bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Liegenschaft bleiben kann oder um sie zu vermieten.

Rechtliche Grundlagen und Aufteilung

Wie wird eine Immobilie bei einer Scheidung typischerweise aufgeteilt? Welche Faktoren spielen bei dieser Entscheidung eine Rolle?

Wie erwähnt, ist dies abhängig vom geltenden Güterstand. In der Schweiz gibt es drei Güterstände: Errungenschaftsbeteiligung, Gütertrennung und Gütergemeinschaft. Wenn kein Ehevertrag vorliegt, gilt automatisch die Errungenschaftsbeteiligung. Für die einzelnen Güterstände gilt Folgendes:

1. Errungenschaftsbeteiligung
Dies ist der gesetzliche Standard und damit häufigste Güterstand. Haben die Ehegatten via Ehevertrag keinen anderen Güterstand vereinbart, so gilt dieser. Die Aufteilung erfolgt in zwei Kategorien: Eigengut und Errungenschaft.

  • Eigengut umfasst das Vermögen, das ein Ehepartner vor der Ehe besass, sowie Erbschaften oder Schenkungen.
  • Errungenschaft umfasst das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen, darunter Löhne, Zinsen und Erträge aus Eigengut.

Immobilien Behandlung:

  • Eigengut: Wenn eine Immobilie vor der Ehe gekauft wurde oder während der Ehe geerbt oder geschenkt wurde, bleibt sie in der Regel Eigentum des entsprechenden Ehepartners.
  • Errungenschaft: Wenn eine Immobilie während der Ehe gemeinsam mit
    Errungenschaftsmittel erworben wurde, zählt sie zur Errungenschaft. Im Falle einer Scheidung wird die Errungenschaft in der Regel hälftig geteilt.

Falls einer der Ehegatten sein Eigengut für den Kauf der Immobilie verwendet hat, während im Übrigen gemeinsame Mittel beigesteuert wurden, gibt es häufig Kompensationsansprüche, um das investierte Geld auszugleichen.

Hat die Liegenschaft seit dem Kauf eine Wertsteigerung erfahren, haben die Ehegatten in der Regel Anspruch auf einen sogenannten Mehrwertausgleich auf ihrer Eigengutsinvestition.

2. Gütertrennung
Unter Gütertrennung behält jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen, das auch Immobilien umfasst. Falls beide Ehepartner gemeinsam im Grundbuch eingetragen sind, bleibt die Frage der Verteilung offen, und man muss sich auf eine Lösung einigen oder die Immobilie verkaufen und den Erlös teilen.

3. Gütergemeinschaft
Bei der Gütergemeinschaft gibt es das sogenannte Gesamtgut, das beiden Ehepartnern gemeinsam gehört, und das Eigengut jedes Ehepartners. Immobilien, die während der Ehe erworben wurden, fallen normalerweise unter das Gesamtgut und werden bei einer Scheidung hälftig aufgeteilt.

Wenn beide Ehepartner im Grundbuch eingetragen sind und sie sich nicht über die Zukunft der Immobilie einigen können, welche Optionen haben sie?

Können sich die Ehegatten nicht einigen, entscheidet das Gericht. Entsprechend entscheidet es, ob die Immobilie verkauft oder von einem der Ehegatten übernommen wird.

Alternativ wäre zuvor eventuell eine Mediation hilfreich, wobei eine neutrale Drittperson zu helfen versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um einen Rechtsstreit zu vermeiden.

Finanzielle und steuerliche Aspekte

Wie beeinflusst eine Scheidung eine bestehende Hypothek? Wer trägt die Verantwortung für die Zahlungen, und welche Möglichkeiten gibt es, die Hypothek zu teilen oder umzuschreiben?

Die Hypothek bleibt grundsätzlich an die Immobilie gebunden, unabhängig von der Scheidung. Wer im Hypothekenvertrag als Schuldner eingetragen ist, bleibt weiterhin für die Zahlung verantwortlich. Sind beide Ehepartner im Hypothekenvertrag als Miteigentümer und -schuldner eingetragen, haften sie gegenüber der Bank weiterhin gemeinsam (solidarisch). Das bedeutet, dass die Bank von beiden Ehepartnern die vollständige Zahlung der Hypothek verlangen kann.

Bei einer Scheidung gibt es mehrere Möglichkeiten, wie die Hypothek behandelt werden kann:

a. Verkauf der Immobilie und Tilgung der Hypothek
Eine der einfachsten Lösungen besteht darin, die Immobilie zu verkaufen. Der Verkaufserlös wird verwendet, um die Hypothek vollständig zu tilgen. Der verbleibende Erlös wird dann zwischen den Ehepartnern gemäss den güterrechtlichen Bestimmungen aufgeteilt. Diese Option ist vor allem sinnvoll, wenn keiner der Ehepartner die Immobilie behalten möchte oder die finanziellen Mittel für eine Übernahme fehlen.

b. Übernahme der Hypothek durch einen Ehepartner
Wenn ein Ehepartner die Immobilie behalten möchte, kann er die Hypothek allein übernehmen und den anderen Ehepartner auszahlen. Dies setzt voraus, dass die Bank zustimmt, dass der verbleibende Ehepartner allein die finanzielle Verantwortung tragen kann. Die Bank prüft dabei, ob der Ehepartner über genügend Einkommen und Sicherheiten verfügt, um die Hypothek allein zu bedienen.

c. Gemeinsame Fortführung der Hypothek
Manchmal behalten beide Ehepartner die Immobilie und setzen die Hypothek gemeinsam fort, etwa wenn die Immobilie vermietet wird oder eine spätere Verkaufsentscheidung getroffen werden soll. In diesem Fall bleiben beide Parteien für die Hypothek verantwortlich und teilen sich die Zahlungen nach Vereinbarung. Dies erfordert klare Absprachen über die Aufteilung der Kosten und die Nutzung der Immobilie, was am besten schriftlich (zum Beispiel in der Scheidungskonvention) geregelt wird.

Welche steuerlichen Konsequenzen sollten Paare im Auge behalten, wenn sie ihre Immobilie im Rahmen einer Scheidung aufteilen oder verkaufen?

Die folgenden steuerlichen Konsequenzen sind zu beachten:

  • Grundstückgewinnsteuer: Beim Verkauf einer Immobilie im Scheidungsfall wird die
    Differenz zwischen Kaufpreis und Verkaufserlös besteuert. Bei einer Übertragung an den anderen Ehepartner kann die Steuer in bestimmten Fällen aber aufgeschoben werden, bis die Immobilie verkauft wird.
  • Handänderungssteuer: Diese Steuer fällt bei der Eigentumsübertragung an, kann aber bei einer internen Übertragung im Rahmen der Scheidung in manchen Kantonen entfallen.
  • Eigenmietwert: Der in der Immobilie verbleibende Ehepartner muss den Eigenmietwert versteuern. Das ist der fiktive Mietwert, den die Immobilie bei einer Vermietung erzielen würde, was steuerlich als Einkommen zählt.
  • Vermögenssteuer: Der übernehmende Ehepartner erhöht sein Vermögen und zahlt somit in der Regel mehr Steuern, während der andere Ehepartner seine Steuerlast senkt.
  • Hypothekarzinsen: Logischerweise kann nur der übernehmende Ehepartner die
    Hypothekarzinsen steuerlich abziehen.
Besondere Situationen und Herausforderungen

Was passiert, wenn ein Ehepartner die Immobilie nach der Scheidung behalten möchte? Welche rechtlichen und finanziellen Schritte sind erforderlich, um den anderen Ehepartner auszuzahlen?

1. Ermittlung des Immobilienwertes
Der aktuelle Marktwert der Immobilie muss ermittelt werden, meist durch ein Gutachten oder eine Schätzung. Dieser Wert bildet die Grundlage für die Berechnung der Auszahlung an den anderen Ehepartner.

2. Berechnung des Auszahlungsbetrags
Der Ehepartner, der die Immobilie übernehmen möchte, muss dem anderen Ehepartner dessen Anteil am Vermögenswert der Immobilie auszahlen. Der Auszahlungsbetrag richtet sich nach den jeweiligen Eigentumsverhältnissen (Anteile laut Grundbuch) und der güterrechtlichen Regelung, z.B. Errungenschaftsbeteiligung oder Gütergemeinschaft. Dabei wird auch eine eventuelle Hypothek berücksichtigt: Vom Marktwert der Immobilie werden Schulden wie Hypotheken abgezogen, sodass
der Nettowert ermittelt wird. Dieser Nettowert wird für die Auszahlung herangezogen. Dies sieht das Gesetz vor. Davon können die Ehegatten jedoch abweichen und einen anderen (oder keinen) Auszahlungsbetrag vereinbaren.

3. Klärung der Hypothek
Der übernehmende Ehepartner muss in der Lage sein, die bestehende Hypothek allein zu
übernehmen oder eine neue Finanzierung zu arrangieren. Die Bank prüft dabei die Kreditwürdigkeit des verbleibenden Ehepartners und muss der Umschreibung zustimmen.

4. Änderung des Grundbucheintrags
Sobald der Auszahlungsbetrag festgelegt und die Finanzierung geregelt ist, muss der
Grundbucheintrag geändert werden, sodass der übernehmende Ehepartner allein als Eigentümer der Immobilie eingetragen wird. Dafür sind notarielle Beglaubigungen nötig und Gebühren werden fällig.

Präventive Massnahmen und häufige Fehler

Welche typischen Fehler begehen Paare oft beim Hauskauf, die sich später im Falle einer Scheidung als problematisch erweisen? Welche Vorsichtsmassnahmen können sie ergreifen, um besser vorbereitet zu sein?

Folgend ein paar typische Fehler:

  • Unklare Eigentumsverhältnisse: Paare klären oft nicht, wie das Eigentum an der Immobilie strukturiert ist (z. B. zu gleichen Teilen oder nach Beiträgen).
  • Fehlende rechtliche Beratung: Paare verzichten oft auf juristische Unterstützung, um
    Verträge und Vereinbarungen zu überprüfen, was zu nachteiligen Bedingungen führen kann.
  • Unzureichende Planung für zukünftige Veränderungen: Paare denken oft nicht an zukünftige Lebensereignisse (z.B. Scheidung, Jobwechsel), die die Wohnsituation
    beeinflussen könnten.

Dagegen können diese Vorsichtsmassnahmen ergriffen werden:

  • Eigentumsverhältnisse im Kaufvertrag klar regeln.
  • Rechtliche Beratung durch Anwalt oder Notar einholen.
  • Vertragliche Regelungen, z.B. Ehevertrag, festlegen.
  • Langfristige Planung hinsichtlich möglicher Veränderungen berücksichtigen.


Wie wichtig ist ein Ehevertrag in Bezug auf Immobilienfragen bei einer Scheidung? Wie können Eheverträge helfen, Konflikte zu vermeiden?“

Ein Ehevertrag ist sehr hilfreich für die Regelung von Immobilienfragen bei einer Scheidung. Er kann zum Beispiel einen anderen Güterstand als den ordentlichen Güterstand vorsehen und so individuell auf die Bedürfnisse der Ehegatten eingehen. Zudem können konkrete Regelungen zur Vermögensaufteilung festgelegt werden, was beiden Partnern Sicherheit über ihre Ansprüche gibt. Ohne einen Ehevertrag gelten die Regeln des Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, die nicht immer den individuellen Bedürfnissen entsprechen.

Ein Ehevertrag ermöglicht es, diese Regelungen anzupassen und auch die finanziellen oder arbeitstechnischen Beiträge jedes Partners zur Immobilie zu berücksichtigen. Darüber hinaus fördert der Vertrag eine frühzeitige Klärung von Erwartungen und schafft rechtliche Sicherheit, was Konflikte vor Gericht vermeiden kann. Paare können mit einem Ehevertrag massgeschneiderte Lösungen für ihre speziellen Lebenssituationen festlegen, was das Konfliktpotenzial minimiert und die Kommunikation zwischen den Partnern stärkt.

Abschliessend, welchen Rat würden Sie Paaren geben, die eine gemeinsame Immobilie besitzen und sich möglicherweise in einer Trennungssituation befinden?

Sie sollten offen über Ihre Situation, Wünsche und Bedenken sprechen. Klare Kommunikation kann Missverständnisse vermeiden und hilft, eine gemeinsame Lösung zu finden. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, ob eine der Parteien die Immobilie übernehmen kann oder ob ein Verkauf sinnvoll ist. Zuletzt kann auch eine Mediation und/oder rechtliche Beratung durch eine/n Anwalt/Anwältin helfen, Konflikte zu lösen und eine einvernehmliche Lösung zu finden.